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| TALK TALK: The Colour Of Spring (1986), Parlophone |
1986 veröffentlichten Talk Talk ihr drittes Album "The Colour Of Spring", jenes Jahr, das für viele der vor allem britischen Popbands eine Zäsur darstellen sollte. Während sich die einst bahnbrechenden Ultravox ganz auflösten, ergoßen sich Human League ein letztes mal in glamourösem Pop. Heaven 17 entdeckten wie Duran Duran, bislang Popnoblesse des Königreichs, amerikanischen Funk für sich und Depeche Mode fanden nach längerer Suche ihren ureigenen Industrialstil. Den mutigsten Schritt in ihrer Entwicklung aber wagten Talk Talk mit einem Album, das auf unerschrockene Art die eigene Vergangenheit beiseite schob und gleichzeitig auch Übergang zum folgenden Meisterwerk "Spirit Of Eden" sein sollte.
Dabei deutete zunächst nichts auf eine solch beherzte Entfaltung der nach außen eher unauffällig wirkenden Band aus London hin. Mit den Singleerfolgen des Vorgängeralbums "It´s My Life" waren Talk Talk 1984 selbst zu Popstars geworden, eine Rolle, die vor allem Sänger und Frontmann Mark Hollis stets mißfiel. Schon zur Gründung der Band Anfang der Achtziger Jahre schwebte ihm ein eher sperriger Jazzsound vor und doch ließ sich die Band zunächst in ein Popkorsett zwängen, ihr Debütalbum nannten sie sinnigerweise gleich "The Party´s Over". Von da an setzten Talk Talk mit jeder Veröffentlichung zu einer Neuordnung ihrer Musik an. Schon der Grundton auf dem Erfolgsalbum "It´s My Life" war mit jener eigensinnig melancholischen Schlagseite gesegnet, die selbst im unausschöpflichen Hitfundus der Achtziger Jahre einen Song wie "Such A Shame" oder dem traumwandlerischen "Renee" zu einer völlig unverfälschten Spezifik verhalf. Für "The Colour Of Spring" hingegen warf das Trio alle Erwartungen an einen erfolgreichen Nachfolger gleich zu Aufnahmebeginn über Bord, auch die bis dahin so prägenden Synths und Keyboards wurden aus dem Studio verbannt. Mit Produzent Tim Friese-Greene als kongenialen Partner an seiner Seite schien Mark Hollis als Songschreiber immer mutiger. Ihm schwebte für das dritte Album ein organischerer Sound vor, der die bislang oft synthetische Distanz ihrer Stücke maximal häuten sollte. Zwar beklagte die Plattenfirma bei den ersten Hörproben noch das fehlende Hitpotenzial, die Songs aber blieben über jeden Zweifel erhaben, auch weil Stücke wie das einnehmende "I Dont Believe In You" eine Sogwirkung entfalten, die so typisch für die erste Hälfte in der Karriere von Talk Talk war. Auch ihre Charakteristik behielten Talk Talk trotz der musikalischen Neuausrichtung bei, mit "Life´s What You Make It" und "Living In Another World"
avancierten 2 Singles gar zu unerwarteten Hits. Dabei setzten sie gleich zu Beginn des Albums mit dem vertrackten "Happiness Is Easy" einen art-rockigen Fingerzeig für ihre künftigen Grenzgänge, auch "April 5th" schielte bereits in diese Richtung, am Ende aber wurde "The Colour Of Spring" das meistverkaufte Studioalbum der Band. Dass es speziell Mark Hollis darum schon lange nicht mehr ging wurde spätestestens klar, als die Aufnahmen zum folgenden Werk "Spirit Of Eden" begannen. auf dem die Band mit den Regeln gängiger Popmusik endgültig brach.
Rauschen Review 133

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