Depeche Mode bleiben sich ihrer Linie, die sie mit ihren kargen "Sounds Of The Universe" vor mittlerweile 8 Jahren eingeschlagen haben, auch auf dem neuen Machwerk "Spirit" weitestgehend treu. Die 12 Songs, inklusive der politisch gefärbten Vorabsingle "where´s the revolution", sind ein atmosphärischer Soundtrip, pendelnd zwischen aufgewühltem Minimalmix und analoger Verspieltheit. Was Hauptsongschreiber Martin Gore seit Jahren musikalisch umtreibt, der muss sich nur mit seinen letzten Soloaktivitäten befassen, dem elektronisch-wabernden "MG" beispielsweise oder dem technoiden "VCMG" mit seinem alten Bandkumpanen Vince Clarke. Für Gore scheinen die Hymnen allesamt geschrieben. Seit dem melodisch-eindringlichen Album "Playing The Angel" (2005) klingen Depeche Mode mehr und mehr so, wie sie sich in frühen Jahren noch remixen ließen. Seither muss jedes neue Album auf ihre zwar fanatische aber auch wenig veränderungswillige Hörerschaft wie ein Angriff auf angestammte Hörgewohnheiten wirken. Dabei klingt die Band gerade auf "Spirit" so spannend und auch düster, ja unergründlich wie lange nicht, nur treten die Melodien und Songs weniger deutlich in den Vordergrund wie das noch zu früheren Zeiten der Fall war. War das bärbeißige "wrong" aus dem Jahre 2009 doch der Abgesang auf den alten Bandsound, für den die nostalgisch gefärbte Single schon bei ihrer Veröffentlichung gehandelt wurde? Vielleicht ist Gore der allzu vertrauten Charakteristika der Band auch nur überdrüssig. Dabei ist die Verschmelzung von Gahans tief-intensiver Stimme zu
Gores unnahbar knisternden Soundepisoden noch immer unvergleichlich. Die vordergründigen Songattribute der Band hat Sänger Dave Gahan mittlerweile aber griffbereiter. Denn wie schon auf den Vorgängeralben kommen auch diesmal die einprägsameren Songs wieder aus der Feder von Gahan selbst, das melancholische "cover me" etwa oder "poison heart", eine ungelenk-holpernde aber auch unwiderstehliche Soulnummer. Gores Output auf "Spirit", dem insgesamt 14. Studioalbum der Band aus dem britischen Basildon, scheint dagegen immer ein wenig brüsk im Raum zu schweben, hat aber auch weitaus mehr Dynamik und Biss als man es von Depeche Mode im Jahre 2017 tatsächlich erwarten durfte. Dabei geht das forsche "scum" sogar noch als typischerer DM-Song durch, der Opener "going backwards" hat gar poppige Züge. Aber bereits die von ihm selbst eingesungenen Songs "eternal" und das finale "fail" tragen jenen kühlen, vornehm beunruhigenden Sound, der auch für den Gesamteindruck des Albums steht. Haben Depeche Mode in den Achtziger Jahren noch mit der Vorstellung von dunklen Mysterien gespielt, klingen sie heute geheimnisvoller denn je zuvor.
Rauschen Review 54
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