![]() |
| THE STROKES: The New Abnormal (2020), RCA |
Von äußeren Erscheinungen oder Erwartungen muss man sich lösen können, das gilt vor allem im Umgang mit einer der letzten wirklichen Rockbands Amerikas, den Strokes. Fakt ist, dass die New Yorker seit ihrem kultisch verehrten Debüt "Is This It" mit jedem Album differenzierter und impulsiver, mindestens aber deutlich spannender wurden, auch wenn das nicht unbedingt den Verkaufszahlen oder Huldigungen zahlreicher Fans entspricht. Aber spätestens seit dem facettenreichen, dritten Album "First Impressions Of Earth" hat die Band ihren ursprünglich noch stark retrofixierten Lo-Fi-Rock in neuere Soundsphären dirigiert. Am besten drückt dies tatsächlich ihr letztes, völlig unterbewertetes Album "Comedown Machine" aus, an das die Band nun 7 Jahre später nach einigen eher unbeachteten Soloausflügen anzuknüpfen versucht. Dass den Strokes dieses Vorhaben gelungen ist, liegt auch daran, dass sie noch immer eine elektrisierende Rockband sind. Inmitten einer heute hauptsächlich aus elektronischen Acts bestehenden Branche soll dies schon was heißen mehr noch als zu Karrierebeginn vor 20 Jahren, als sie schon einmal als "Retter des Rock´n Roll" herhalten mussten. Ob sie mit dem neuen Album eine ähnliche Welle losbrechen können bleibt eher nicht zu erwarten. Aber wie schon damals stechen auch auf "The New Abnormal" die Songs heraus, selbst ihren zwanglosen Charme hat die Band glücklicherweise nicht verloren. In zahlreichen Songs spielen sich die Musiker als Kollektiv die Bälle zu, im wunderbar lakonischen Opener "The Adults Are Talking" oder dem groovenden "Eternal Summer" zum Beispiel, in dem sich Sänger Julian Casablancas wieder im Falsett versucht. Mit Versatzstücken der Achtziger Jahre hingegen spielt die Single "Brooklyn Bridge To Chorus", eine liebgewordene Leidenschaft der Band, der sie ebenfalls auf dem vergangenen Album schon frönten und die sie nun mit der Billy Idol-Hommage "Bad Decisions" auf die Spitze treiben. Am besten gelingen ihnen auf dem neuen Album aber die Momente, in denen sie Tempo aus den Songs nehmen und sich einer gelösten Vertrautheit hingeben, so wie in "Selfless" oder im wunderbaren "Why Are Sundays So Depressing". Das mag nicht mehr so ungehalten klingen, die Intensität aber ist geblieben und auch die Idee, mit Erwartungen zu brechen. Gut so.
Rauschen Review 124

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen